- ————I
- FAHR aus in die Gaue,
- Laß Anger und Au
- Von Traumgold betauen,
- Erkenn dich, erschau
- Das Zeichen der Schlange
- Auf Wappen und Schild
- Und folg ihrem Gange
- Zum Questen-Gefild.
-
- Noch wirken die Nornen
- Am Brunnen der Urd,
- Die Samen zu spornen
- Zu Tod und Geburt,
- Im Schatten der Eiche,
- Von Speeren umsteilt,
- Verdämmern die Reiche,
- Darin du geweilt.
-
- Die Male der Ahnen
- Verwittert, verwaist,
- Da zieh deine Bahnen,
- Gereifter im Geist,
- Laß Sager und Sinner
- Den Aaren im Hag
- Und kür deine Minner
- Zum Questen-Gelag.
-
- Dort nimm die Gemerke
- Aus altem Bestand,
- Laß Zeiten und Werke
- Der heischenden Hand
- Des Hüters, erkiese
- Zu holderem Traum
- Den Widder im Vliese,
- Den Falter im Flaum.
-
- Die Schenker,die Spender,
- Verhängten Gesichts,
- Die Lenker der Länder,
- Die Löscher des Lichts,
- Sie raunen im Riede,
- Sie hissen am Wall
- Die Doppel-Aegide
- Von Fährnis und Fall.
-
- Gesims, dessen Klüften
- Der Sperber enttaucht,
- Gewölb über Grüften,
- Dort hausen erlaucht,
- Verschattet von Auren
- Aus modrigem Pelz,
- Die Traum-Minotauren
- Im Questen-Gefels.
-
- Ihr, die ihr entflammtet:
- Verriet euch der Wind,
- Von wannen ihr stammtet
- Und wer euch geminnt?
- Und ihr, die ihr liebtet:
- Beschied euch die Norn
- Im Sand, den ihr siebtet,
- Das goldene Korn?
-
- Doch unter der Eiche,
- Dir Schweifendem hold,
- Im Staub deiner Reiche,
- In Rosen und Gold
- Steht, himmlischer Nester
- Verspäteter Sproß,
- Der Letzte der Quester
- Mit blankem Geschoß.
-
- Die Stirnen zerspringen
- Und schimmern von Blut,
- Doch in seiner Schwingen
- Gemessener Hut
- Stehn Schicksal und Sage,
- Verklärung und Weh
- Noch einmal in Waage
- Für heute, für je.
-
- Der Letzte der Quester,
- Der Stern Deiner Wahl,
- Dir Bruder und Schwester,
- Dir Lanze und Gral,
- Die Götter umschweben
- Sein nächtliches Lehn,
- In ihm wirst du leben,
- Mit ihm darfst du gehn.
-
- Mit ihm sollst du wachen
- Am Ausgang der Zeit,
- Vom Balsam des Drachen
- Geblendet, gefeit,
- Begib dich der Worte
- Und weite den Kreis
- Zu holderem Horte,
- Zu dunklerm Geleis.
-
- Kehr heim aus den Gauen
- Ins große Gerausch,
- Im Blinden, im Blauen
- Die Zeichen erlausch
- Und folge der Schlange
- Befiedertem Gang
- Zu magischem Fange
- Im Questen-Gesang.
-
- ————II
- Hebst du, Quester im Mai,
- Golden dein Sperberhaupt,
- Sprossen Horn und Geweih,
- Leiber, zottig belaubt,
- Gibst du dem Widder die Sporen,
- Stehen die Wipfel in Brand,
- Falken, feuergeboren,
- Winkst du mit herrischer Hand,
- Quester im Eschenlaub, Quester in Weiß,
- Gib deine Wälder den Schweifenden preis,
- Eh dich Verfall übermannt.
-
- Steigt die Sonne im Jahr,
- Blüht auf Lippen Carmin,
- Wird der Quester zum Aar,
- Werden Wappen verliehn:
- Dir: die gebreitete Krone,
- Mir: der ragende Schaft,
- Über zersplitterndem Throne
- Stehen die Hölzer im Saft,
- Quester im Eichenkranz, doldenumschwankt,
- Goldene Linde, von Schlangen umrankt,
- Hält ihre Holder in Haft.
-
- Wird es Abend am Wall,
- Gehst du, Quester, in Rot,
- Bleibst du Atem und Hall,
- Stimme, die Dunklem gebot,
- Schwelle von flüssigem Feuer
- Führt in den Hain, den du hegst,
- Rebe grünt am Gemäuer,
- Drin du dein Herz hinterlegst,
- Siegel Saturns, in die Schläfe gebrannt,
- Bannt dich am Spende-Hort, Schatten-Atlant,
- Der du die Späthimmel trägst.
-
- Ruhst du samten und schwer
- Unterm Wipfel-Gezelt,
- Bleibst du verwundbar vom Speer,
- Der dich feit, der dich fällt,
- Sind die Gesichte versunken,
- Spende, Quester, den Met,
- Wer vom Blute getrunken,
- Wer sich auf Schatten versteht,
- Darf dich erschauen am Tage der Mahd,
- Darf dich berühren im Rosen-Ornat,
- Eh dich der Herbstwind verweht.
-
- Fiel die Blüte des Weins,
- Litt der Rasen die Schur,
- Folgst du des Runensteins
- Dunkel-holdem Augur,
- Schatten-Aar, schattengemuter,
- Mund, der die Pansflöte blies,
- Wirst du, Blüher, zum Bluter,
- Wenn dich der Himmel verstieß,
- Treibst du zerschnittnen Gefieders im Wind,
- Fährst du dahin mit dem Nebel-Gesind,
- Aber im Holdaug, das Wahnsinn umspinnt,
- Schimmert das Goldene Vlies.
-
- ————III
- BEGIB dich ins Offne,
- Dort, wach ohne Wehr,
- Bist du der Betroffne
- Von jeglichem Speer,
- Schirmt silbern ein Zeichen
- Dich, Holder-unhold,
- Kann nichts dich erreichen
- Im Runen-Gehold.
-
- Von allen, die sangen,
- Blieb keiner geweiht
- Als du, der die Schlangen
- Erkoren zum Eid,
- Fang, der seinem Fänger
- Geschmeidig entglitt,
- Der Quester, der Sänger
- Im Schlangen-Habit.
-
- Die Spinner, die Spanner,
- Die Boten Apolls
- Entbieten ihr Banner
- Auf grünendem Holz
- Dir, Holder der Queste,
- Der Natter geschmiegt,
- Vom schmalsten der Äste,
- Darauf sie sich wiegt.
-
- Ein Rauschen, ein Werben,
- Gefährten – woher?
- Sie schwärmen, sie sterben,
- Begattet vom Ger,
- Im Purpur der Nächte
- Prangt, nah deinem Wahn,
- Mit schwerem Gemächte
- Der Schatten des Pan.
-
- Die Häupter des Drachen
- Stehn, festlich empört,
- Gesang wird erwachen,
- Vorzeiten gehört,
- Und wird sich entspinnen
- Und wird sich entziehn
- Und Blut wird gerinnen
- Zu dunklem Rubin.
-
- Geschwirr und Geflatter,
- Zerborstener Huf,
- Du neig dich der Natter
- Und folge dem Ruf
- – Aus welchem der Reiche?
- Die Holderin schweigt
- Im Wipfel der Eiche,
- Der weit sich verzweigt.
-
- ————IV
- NIMM Birkenreiser,
- Nimm Wipfelgrün,
- Stell deine Weiser
- Ins Welt-Erblühn,
- Wo Blust im Blauen
- Weht, wach entbrannt,
- Schaust du die Auen
- Im Holdgewand.
-
- Auf Bast und Rinde
- Troff Tau, floß Harz,
- Auf goldner Linde
- Der Rabe schwarz
- Raunt vom Beginnen,
- Raunt vom Vergang,
- Füg du sein Sinnen
- Zum Holdgesang.
-
- Paar, später Ritter
- Aus Grales Glanz,
- Das Reich der Mütter
- Dem Tag des Manns,
- Kam Ost zum Weste,
- Kam Nord zu Süd,
- Stehn Kranz und Queste
- Im Holdgeblüt.
-
- Wenn dich die Wellen
- Weit überwehn,
- Aus Widderfellen
- Die Mähder spähn,
- Geh hin, ergib dich
- Dem dunklen Sog,
- Verfall ist lieblich
- Im Holdgewog.
-
- Trifft sich im Haine
- Aar und Reptil
- Auf nacktem Steine
- Zum Zeuge-Spiel,
- Bist du vergangen,
- Eh du beginnst,
- Bleibst du gefangen
- Im Holdgespinst.
-
- Fliehn dann die Pfauen
- Vom Ahornthron,
- Strömt auf die Auen
- Dein Blut, Adon,
- Gehst du zugrunde,
- Gesalbt vorm Fall,
- Tönt noch die Wunde
- Das Holdgelall.
-
- ————V
- HOLDER vom Questenberg,
- Blütengeminnt,
- Rief dich zum Liebeswerk
- Mai, der beginnt,
- Paart sich, wenn Pan erwacht,
- In deinem Blick
- Nordische Nebelnacht
- Griechischem Glück.
-
- Unter dem Lindenschild,
- Golden und weiß,
- Wo Tau und Honig quillt,
- Ziehst du den Kreis,
- Schwellenhut, schwertumblitzt,
- Ragt als Phalanx,
- Da du hinübertrittst
- Sanftesten Gangs.
-
- Stier unterm Doppel-Joch,
- Doldengeziert,
- Stunde, die immernoch
- Götter gebiert,
- Rune und Ritterschlag,
- Die du empfängst,
- Eh du den Göttertag
- Schweigend versenkst.
-
- Holder vom Questenberg,
- Ritter vom Schwan,
- Hast du dein Liebeswerk
- An uns getan,
- Breite die Hüterschar,
- Güldenen Munds,
- Netze aus Elfenhaar
- Leicht über uns.
-
- Soma und Swastika,
- Sperber und Weih,
- Falke, der Theben sah,
- Flattert vorbei,
- Schlange, die Königin,
- Streift ihre Haut
- Über die Schläfer hin,
- Golden betaut.
-
- Breitet sich Nebelnacht
- Über den Hain,
- Zahlst du die Sagenpacht,
- Schläfst du allein,
- Robe von Wurzelwerk,
- Die dich umspinnt,
- Holder vom Questenberg,
- Schattengeminnt.
-
-
- ————VI
- SIEH dich im Spiegel,
- Hüter des Quells,
- Streift Windes Flügel
- Über den Fels,
- Bist du die Welle,
- Bin ich der Stein,
- Schenkt uns die Quelle
- Wasser und Wein.
-
- Echo und Stimmen
- Schweigen, vertauscht,
- Aber die Immen
- Schwirren berauscht,
- Fliegst du, befunkelt,
- Baldurs Trabant,
- Bleib ich, verdunkelt,
- An dich gebannt.
-
- Hügel und Gräber,
- Mohnblüte brennt,
- Seliger Schweber
- Weide-Geländ
- Lädt uns zur Labe:
- Bist du der Wind,
- Bin ich der Rabe,
- Der dich geminnt.
-
- Hauch, der uns berge,
- Rosen-Arom,
- Bin ich der Ferge,
- Bist du der Strom,
- Bist du der Holder,
- Bin ich der Harm,
- Schatten-Vergolder,
- Wolken im Arm.
-
- Weht aus der Mulden
- Zeitloser Mai,
- Kommen die Hulden,
- Sprechen uns frei,
- Schlug uns die Stunde,
- Doldenbeschwert,
- Bist du die Wunde,
- Bin ich das Schwert.
-
- Nacktes im Fange,
- Federn im Haar,
- Folgst du der Schlange,
- Folg ich dem Aar,
- Bist du die Welle,
- Bin ich der Stein,
- Kehrst du zur Quelle,
- Wach ich allein.
-
- ————VII
- WEIH dich, doldenumwogt,
- Toden, die du erträumt,
- Pan, der Hirtinnen Vogt,
- Hat schon das Feld geräumt,
- Jäger-Knabe, verhirscht,
- Gräbt mit blankem Geweih
- Im Geröll, das erknirscht,
- Nach den Gaben des Mai.
-
- Kniee nieder im Gras,
- Laß den Rosen-Ornat,
- Fügsam kargerem Maß,
- Nattern, die dir genaht,
- Wenn aus zerbrochnem Kelch
- Wein dir die Lippe netzt,
- Hüten Einhorn und Elch
- Treu dein Herz bis zuletzt.
-
- Werden die Nächte kühl,
- Werden die Spiegel blind,
- Sei Gesang dein Asyl,
- Stimme aus Rauch und Wind,
- Rufst du, Heger im Hain,
- Deine Schatten zu Tal,
- Strömt, was je hold, was je dein,
- Golden im Herbst-Madrigal.
-
- Ruhst du in Binsen tief,
- Schürer erloschnen Golds,
- Bringen Boten den Brief,
- Runen aus Lindenholz,
- Kunde, du weißt nicht von wem,
- Aber die Hand, die sie schnitt,
- Fügt zu spätem Emblem,
- Was dir silbern entglitt.
-
- Elster, Botin der Hel,
- Hält am Wasen das Amt,
- Ihr gestrenger Befehl
- Hat dich zur Fahrt verdammt,
- Mantel aus herrischem Rot,
- Der deinen Blick verhängt,
- Speise, von dunklem Brot,
- Das dir Vergessen schenkt.
-
- Spähst du, spürst du die Glut,
- Die dir den Atem nahm,
- Greifst du, greifst du in Blut:
- Deins? Wer weiß, was da kam?
- Schloß der Quester den Schrein,
- Bist du Flamme und Scheit,
- Fällst du, Widder, am Stein,
- Der dich den Unteren weiht.
-
- ————VIII
- QUESTER im Nebelung,
- Quester in Weiß,
- Herz, unter Schatten jung,
- Schwinge von Eis,
- Wo schon das Licht entglitt,
- Stirnen der Speer zerschnitt,
- Nistet noch Mistel mit
- Grünendem Reis.
-
- Sänger im Schweige-Hain,
- Schweifer im Sold,
- Hast du zur Neige dein
- Banner entrollt,
- Sprichst du das Losungs-Wort,
- Schlägst du den Hold-Akkord,
- Hüter am Honig-Hort,
- Quester in Gold.
-
- Warner im Widderfell,
- Woge, die loht,
- Stimmen, wie Schwerter hell,
- Schattenbedroht,
- Ewigen Tags gewahr,
- Rufst du den Abend-Aar,
- Bringst du das Opfer dar,
- Quester in Rot.
-
- Holder vom Questen-Haugk,
- Schattenumstellt,
- Stirn, die dein Falken-Aug
- Liebend erhellt,
- Senkt sich, von Wolken schwer,
- Weber im Ungefähr,
- Holder, vom Eichenspeer
- Gnädig gefällt.
-
- Neigt sich der Abendstern
- Über die Aun,
- Hältst du die Schatten fern
- Von deinem Schaun,
- Kehren die Schweifer ein,
- Mußt du im Schweige-Hain
- Selber dir Zeichen sein,
- Quester in Braun.
-
- Heger, verhangen von
- Reifem Gedold,
- Sprichst du den Schnittern hohn,
- Schrecklich und hold,
- Aug, das die Runen las,
- Tag, der den Traum vergaß,
- Adler im Schlangen-Maß,
- Quester in Gold.
-
- ————IX
- GEH, unter Blitzen geborgen,
- Nimm deine Götter mit dir,
- Zwischen Gestern und Morgen
- Bist du der blinde Kurier,
- Schatzhüter, silbern betresste,
- Schirmen die Grotte am Hang,
- Wo sich die Holder der Queste
- Sammeln zum Abschieds-Gesang.
-
- Stämme, schwankend im Winde,
- Gitter, auf Steine gelegt,
- Unter der brüchigen Rinde,
- Die unser Anwesen trägt,
- Dehnen sich weite Paläste,
- Garten, Brunnen, Verlies,
- Steht eine andere Queste,
- Schattend auf Säule und Vlies.
-
- Sie, jener oberen Spiegel,
- Dauert, wenn diese verging,
- Mit diamantenem Siegel
- Ruft sie die Jünger zum Thing,
- Heimstatt befiederter Gäste,
- Schlafender Adler Gezelt,
- Neigt sich die Untere Queste
- Über die Wurzeln der Welt.
-
- Schlange, Zeit und Mäander
- Weben den goldenen Saum,
- Bieten Ziel dem Gewander,
- Bieten Halt unserm Traum,
- Wirrnis verflochtener Äste,
- Laubhaar und Blüten-Gebind
- Wölbt an der Unteren Queste
- Bögen zum Labyrinth.
-
- Wipfel im Holden, im Heilen,
- Weltesche, runenbestickt,
- Wer sie entziffert, die Zeilen,
- Hat in die Zukunft geblickt,
- Feder aus brennendem Neste,
- Wer sie entschleierte, weiß:
- Heimkehr im Zeichen der Queste
- Bleibt ihr geheimes Geheiß.
-
- Zeigen die Weiser nach Norden,
- Trägt deine Stirne das Mal,
- Ruft dich der Samt-schwarze Orden,
- Ritter vom Inneren Gral,
- Aber zum Fest aller Feste,
- Schweifenden Göttern gesellt,
- Schweben die Holder der Queste
- Über den Wipfeln der Welt