- Ein dunkler Strom, der über Stufen rann,
- Und wie ein Wiegen hob es langsam an,
- Und wie ein Schatten aus dem Paradies
- Trat einer ein aus Nacht und Schlafes Bann.
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- Es war ein Knabe, der die Flöte blies,
- Er trug auf Schultern schmal das Purpur-Vlies,
- Und was er wirkte, was sein Wink beschwor,
- War Stolz und Traurigkeit und nichts als dies.
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- Wie Schlangen stand sein Sang vor deinem Ohr,
- Doch als die Lippe dann das Lied verlor,
- War Sanftheit bald in Wagemut verkehrt,
- Und Speere blitzten aus dem Rosenflor.
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- Ein Schein von Blut auf seinem Bronze-Schwert
- War dir Befehl zu folgen, und er lehrt:
- Wer so wie du den Wurf Apolls nicht scheut,
- Ist edlen Stamms und aller Weihen wert.
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- Sein Finger - war es gestern? War es heut? -
- Band Flechten aus Orakeln und Gekräut,
- So setz die Zeichen, Blut und Banner gib
- Dem Drifter, daß er deine Träume deut.
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- Ob er die Antwort in den Sand dir schrieb?
- Ob er dein Floß zu dunklen Ufern trieb?
- Und steht sein Licht noch über Tal und Teich,
- Wenn vom Gesagten kaum ein Hauch verblieb?
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- Hier sieh das Tor, hier endet sein Bereich,
- Und Flocken lösen sich und fallen weich
- Auf deine Stirn, verstoßen ins Gewog
- Von seinem Stab, dem deinen nicht mehr gleich.
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- Du weißt nicht, ob er lachte, ob er log,
- Ob er den Lorbeer dir zu Kronen bog,
- Nicht wer ihn ausgesandt noch wer er war,
- Nur daß er weilte und dann weiterzog.
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- Doch lag ein dunkler Glanz auf seinem Haar,
- Ein Widerschein von Größe und Gefahr,
- Und all dein Ruhm, novemberlich im Mai,
- Verweht vor ihm wie Asche vom Altar.
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- So schritt er leicht im Wind und ging vorbei,
- Du weißt, er liebt dich nicht, was immer sei,
- Und was auch wiederkehrt und was begann,
- Trägt ihn nicht her und gibt sein Bild nicht frei.
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- Nur dunkles Blut, das über Stufen rann,
- Und wie ein Wiegen hebt es manchmal an
- Und wird als Weinen laut und wächst zum Schrei
- Und stirbt in Schlafes Haft und Traumes Bann.
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- aus: Questen-Gesang, S. 197
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