- GLAUBST du denn, dämmernder Blicke
- Fang und vom Sonnenglast schwer,
- Daß dich der Winter erquicke,
- Quester mit blühendem Speer?
- Aber du harrst ungebrochen,
- Säule von schwarzem Krystall,
- Deß, der, was Traum dir versprochen,
- Löscht und die Fackeln am Wall.
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- Sei, daß Apoll dich bekröne,
- Weibes und Mannes genug,
- Öffne dein Herz und versöhne
- Taube und Sperber im Flug,
- Leg, wo der Samen der Schlange
- Niederfiel, ab, was der Schwan
- Abends dir gab und empfange
- Weisung aus Splitter und Span.
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- Folge dem lichten Verführer
- Bis an die Neige der Nacht,
- Gold und die Schätze der Syrer
- Hat er im Schlaf dir gebracht,
- Spür seine stählernen Krallen,
- Spür sein Gefieder wie Schnee,
- Unter dem Herbstmond verfallen,
- Spricht er: Ich segne dich – geh.
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- Geh, nur dir selber verpflichtet,
- Allem, was war, zugewandt,
- Schilde, mit Silber beschichtet,
- Schirmen dein Reich, deine Hand
- Schimmert von Lilien, das dritte
- Aug wird zum Schoß, drin der Keim
- Einhorns aufbricht: seinem Schritte
- Fern, doch gefeit, kehrst du heim.
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- Adler, aus kupfernen Hauben
- Spähend, verließen dich lang,
- Aber im Purpur der Tauben
- Schläft noch, wie Gold, der Gesang,
- Wind streift erwachende Auen,
- Astern, ein wogendes Meer,
- Auf ihre Häupter, die blauen,
- Senkst du den segnenden Speer.
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- Wo wir vom Lotos gegessen,
- Wiegen sich Krieger im Tanz,
- Die Welt und Himmel durchmessen,
- Blendet noch Luzifers Glanz.
- Strahlen wie Schwerttau die Sterne
- Über dem Land deiner Wahl,
- Funkeln Granatapfel-Kerne
- Aus dem erloschenen Gral.
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- Geh, eh die Asche des Alters
- Deckt, was dir Traum war und Glut,
- Aber im Sammet des Falters
- Wandelt zu Gold sich das Blut,
- Aber die Holder, die Hörner
- Weich und mit Pranken von Samt,
- Haben die goldenen Körner
- Mohns dir zum Abschied entflammt.
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- Eh dich die Schatten umranken,
- Flamme die Wälder durchrast,
- Stehst du, den Göttern zu danken,
- Daß du die Schlange noch sahst,
- Daß dir die hellste, die beste
- Huldin vom sämigen Rahm
- Schöpft, da der Holder der Queste
- Spät in der Nacht zu dir kam.
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- Daß er den Blitz dir befreie,
- Hoffst du mit trunkenem Mut,
- Daß er zur Hochzeit dich weihe –
- Aber er kommt ganz in Blut.
- Ist es die Morgentraum-Helle
- Oder sein Herz, das nie mehr
- Lind dich berückt? Aus der Quelle
- Hebst du den brennenden Speer.
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- aus: Die Häupter der Hydra, S. 215